Samstag, 24. Februar 2007

Brief an die Familienministerin

Nachdem ich mich jetzt lange genug über die Politik geärgert habe, habe ich mich entschlossen, Frau von der Leyen einen kleinen Brief geschrieben. Während ich schrieb, wurde aus dem kleinen Brief ein größerer Brief und das Ergebnis komme jetzt hier rein.

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

z. Hd. Frau von der Leyen

11018 Berlin

Betrifft: Verbot sog. „Killerspiele

Sehr geehrte Frau von der Leyen,

vor etwas mehr als 2 Wochen habe ich von Ihrem Sofortprogramm zum Jugendschutz erfahren. Ich möchte hiermit anregen, dass Sie sich ein wenig mit dem Thema Computerspiele beschäftigen und sich die Sachlage aus der Sicht eines PC-Spielers ansehen:

Ich bin 16 Jahre alt, gehe in die 10. Klasse eines Gymnasiums und spiele nun schon seit geraumer Zeit (fast 1 Jahr) sog. „Killerspiele“. Zu diesen Spielen gehört Battlefield 2 genauso wie Republic Commando, Star Wars Battlefront II und das Paradebeispiel Counterstrike: Source, sowie einige Spiele, die nach Ihrer Definition zum Genre der Killerspiele gehören („Spiele, in denen deutlich visualisierte Gewaltanwendung mit 'Leben sammeln' oder Erreichen eines weiteren Levels belohnt wird[...]“) wie z.B. Rollenspiele wie Oblivion oder Guild Wars, oder Strategiespiele wie Age of Empires, Ground Control oder Earth 2160.

In meiner Klasse gelte ich als äußerst friedfertig, und zwar schon seitdem ich zur Schule gehe, und dies hat sich durch das spielen von „Killerspielen“ nicht verändert.

Ich bin im Internet sehr aktiv und beteilige mich rege an der Diskussion, die im Moment in mehreren Internet-Foren stattfindet. Ich würde nicht alles unterschreiben, was dort gesagt wird, aber ich denke, dass die Menschen, die dort zusammen Diskutieren, ausgesprochen vernünftig sind. Sie setzen sich mit der Materie auseinander und sehen sich ihr Hobby z.T. sehr kritisch an. Aber keiner von ihnen wirkt, als wenn er morgen in seiner Schule Amok laufen würde, nur weil er zu lange Counterstrike gespielt hat. Wir sind uns alle einig, dass ein Verbot von „Killerspielen“ nichts bringt, da es nur die normalen Menschen trifft. Jemand, der mit einem Spiel für einen Amoklauf trainieren will, lässt sich von einem Verbot nicht abschrecken, sondern lädt sich das Spiel dann halt illegal aus dem Internet herunter.

Meiner Meinung nach ist es nicht das spielen von Gewaltspielen, das aus einem Jugendlichen einen Mörder macht, sondern das soziale Umfeld. Was wir brauchen, ist kein Verbot von PC-Spielen (denn darauf läuft Ihr Entwurf hinaus, denn selbst PacMan ist ein „Killerspiel“, da man gegen kleine weiße Punkte Gewalt anwendet, um in den nächsten Level zu kommen), sondern bessere Programme, um den sozial schwächeren im Land zu helfen und um bei den Jugendlichen Aggressionen abzubauen. Viele Studien besagen, dass das Spielen eines Gewaltspieles die Aggressionsschwelle kurzzeitig ansteigen lässt, sie aber keine nachweisbare Langzeitwirkung haben. Es braucht mehr als ein paar Stunden Counterstrike, um aus einem Jugendlichen einen Mörder zu machen. Wenn dem nämlich so währe, dann wäre ich schon lange in der Schule Amok gelaufen. Das bin ich nicht, und ich habe niemals darüber nachgedacht.

Und noch ein Denkanstoß: Woher bekommt ein Jugendlicher Baupläne und Stoffe zum Bombenbau? Warum darf ein jugendlicher Waffen besitzen? Wie wäre es mit einem psychologischen Test bei der Prüfung für den Waffenschein? Denn ohne Waffen kann man nicht Amoklaufen. Und Waffen kann man sich auch nicht aus dem Internet herunterladen, sondern man muss sie im Laden kaufen. Wie kommt es, das es einem jugendlichen gelingt, sich illegale Waffen zu besorgen? Da besteht Handlungsbedarf, nicht bei den Computerspielen.

Und jetzt möchte ich Ihnen noch sagen, was mich aggressiv macht: Es sind nicht die Computerspiele, sondern die Diskussion über ihr Verbot. Ich kann es einfach nicht ausstehen, wenn Politiker, Talkshow-Moderatoren oder Zeitungsredakteure über ein Thema sprechen, von dem sie in Wirklichkeit offensichtlich keine Ahnung haben. Nur damit Sie mich richtig verstehen: Ich möchte Ihnen nicht vorwerfen, dass Sie sich nicht informieren. Das könnte ich nicht, da ich keine Ahnung habe, wie Sie arbeiten. Ich denke bloß, dass es Sinn machen würde, wenn alle Politiker, Moderatoren oder Redakteure einfach mal mit uns sprechen würden. Mit den Spielern. Denn keiner hat mehr Ahnung über Computerspiele als wir. Und wenn dann alle verstanden haben, was ein Computerspiel überhaupt ist, dann kann man immer noch über ein Verbot diskutieren. Aber dann weiß man auch, worüber man redet und was man verbieten will.

Ich denke, dass Sie die anderen Argumente, die gegen ein Verbot sprechen, gut kennen: Firmen wandern ins Ausland ab, Zeitschriften müssen schließen, weil der Inhalt verboten ist, spezialisierte Shops stehen vor dem aus und nicht zuletzt werden die professionellen Liga-Spieler arbeitslos, weil ihnen ihr Job verboten wird. Denn reine Ab-18 Spiele will keine Zeitung vorstellen, weil die meisten 18-Jährigen das Interesse an Spielen schon verloren haben oder bald verlieren werden. Und für Spiele wie Das Vollblutgestüt oder Meine Ponyranch wird keine Zeitung weiter erscheinen.

Ich hoffe, dass ich Sie mit meinem Brief ein wenig zum Nachdenken gebracht habe und würde mich über eine Antwort freuen.

Mir freundlichen Grüßen,

Max Maass



Wenn eine Reaktion erfolgt, werde ich sie hier natürlich reinschreiben.
Was haltet ihr von dem Brief? Ist der so in Ordnung? Ich bin gespannt, ob ich eine Antwort bekomme. Von der Ministerin. Und von euch.